Sein Todestag am 13. September 1915

Der Abschiedsbrief

Lille, den 12. Sept(ember) 1915

Meine lieben Eltern und Geschwister!

Wenn Ihr diesen Brief leset, bin ich nicht mehr! Ich schreibe ihn, um von Euch Abschied zu nehmen und um Euch mein Scheiden leichter zu machen! Seid nicht traurig und laßt Euch meinen Tod nicht zu nahe gehen, denn, liebe Eltern und Geschwister, ich sterbe in Frieden mit meinem Herrgott.

Jeden Tag habe ich den Tod vor Augen gehabt und danach gelebt. Heute noch bin ich zur hl. Communion gegangen. Im Kriege hat man ja nicht viel Zeit zum Beten, aber ich verrichte jeden Tag meine täglichen Gebete mit Andacht und vor jedem Fluge betete ich zu Gott, daß er mich beschützen möge. So hoffe ich denn, daß ich einen gnädigen Richter finden möge. Wenn ich auch in leichtsinnigen Jugendjahren meinen lieben Herrgott oft beleidigt habe, so habe ich doch jetzt stets in Frieden mit ihm gelebt und den besten wirklichen Willen gehabt, alles wieder gut zu machen.

Meine lieben Eltern! Lieber Vater und gute Mutter, oft und schwer habe ich Euch gekränkt und ich bitte Euch hiermit zum letzten Male vielmals innig um Verzeihung. Wie manch schwere Sorge habe ich Euch bereitet; aber ich weiß, daß Ihr Eurem Kinde verzeiht. Meine Liebe zu Euch und den Glauben an unseren lieben Gott, den Ihr mir tief ins Herz eingepflanzt habt, hat mich stets hochgehalten.

Und dieser Glaube und die Hoffnung auf einen gnädigen Richter machten mir das Sterben leicht. Zudem gibt es für mich keinen schöneren Tod als den auf dem Felde der Ehre. Wie mancher läßt jetzt sein Herzblut für sein geliebtes Vaterland und ich hielt es für meine Pflicht, jetzt mit allem Können dafür einzutreten. –

Also weinet nicht, denn ich habe nicht umsonst gelebt. Wer weiß, was mir alles noch bevor-gestanden hätte. – Und nun danke ich Euch für all das Liebe und Gute, was Ihr mir stets angetan habt von meiner frühesten Jugend bis heute. Ich habe keine Mittel dazu, nur meinen innigsten, tiefgefühlten Dank spreche ich Euch hiermit aus. –

Und, meine lieben Geschwister, auch Euch danke ich für all die Liebe, die Ihr Eurem Bruder erwiesen habt und befolget stets das, was unsere lieben Eltern Euch sagen. Sie tun und haben so unendlich viel Gutes für Euch getan und Ihr werdet es sicher noch bereuen, wenn Ihr nicht dankbar gewesen seid.

Und nun zum Schluß, lieber bester Vater, mein geliebtes Mütterchen, grämt Euch nicht. Es sei Euch leicht ums Herz. Mir ist es so! Ich sterbe gerne. Denn bald sehen wir uns wieder. Gott hat es so gewollt und seinem Willen müssen wir uns fügen. Bald feiern wir alle ein frohes Wiedersehen dort oben. Betet für mich, daß Gott mir gnädig sei. Lebt wohl. Ich grüße Euch aus einer schönen anderen Welt.

In Liebe Josef!

Bitte abzugeben an meine Eltern,
wenn die Nachricht kommmen sollte,
daß ich gefallen bin.

Josef Suwelack.

Der offizielle englische Bericht zum 13. September 1915

13th September 1915
2/Lt SHIELD (pilot) and Corpl. BENNETT (observer) in a B.E.2c with Lewis gun, when patrolling over the BOIS DE BIEZ at 10,000 feet attacked an Albatross (small type) which was crossing over our lines towards ARMENTIERES. While the Albatros was circling to recross the line, Corpl. BENNETT fired two drums into it from the first mounting. The engine was hit and the hostile machine brought down. The pilot, Lt. SUWELACK, 24th Flieger Abteilung attached to XIX (Saxon) Corps, and the observer, Lt. OSKAR TEICHMANN, 2nd Photographic Section, were both killed by bullets. The machine which was undamaged, except by bullets, was a new Albatross of the small type with 160 H.P. MERCEDES engine, its number was C 60/15, makers No. 853. There was a machine gun in it on a good type mounting, admitting of allround fire. Three cameras were found in the aeroplane.

Download des Berichts

 

Mitteilung von H.C.J. Dowding

Englisches Generalquartier am 13. September 1915

Nach einem bewegenden Luftkampf ist heute Morgen ein deutsches Flugzeug, eines der neuesten Modelle, von einem englischen Flug-zeug abgeschossen worden. Die beiden Flieger, die im Flugzeug waren, sind getötet worden. Es war ungefähr sieben Uhr morgens, das Wetter war sehr gut, als man das deutsche Flugzeug sich unseren Linien nähern sah. Es kam von Westen. Es flog nicht sehr hoch, daher sah man es sehr klar auf dem blauen Himmel sich abzeichnen. Große schwarze Kreuze, die auf die untere Oberfläche der Flügel gemalt waren, gaben seine Nationalität an. Die Ankunft dieses feindlichen Flugzeuges rief sofort eine große Bewegung im Camp hervor. Man hörte bald den Lärm der Luftabwehrkanonen, die von allen Seiten auf das Flugzeug schossen. Im selben Augenblick stieg ein englisches Flugzeug mit großer Geschwindigkeit auf und richtete sich auf das feindliche Flugzeug. Obwohl das letztere schneller war als sein Gegner, konnte es nicht rechtzeitig fliehen, so plötzlich war der Angriff und bald konnten die Augenzeugen den Lärm der Maschinengewehre hören. Zunächst beschrieben die beiden Flugzeuge Kreise, eins um das andere, aber bald sah man, daß das feindliche Flugzeug ins Trudeln geriet. Es gelang ihm jedoch, sich wieder aufzurichten, aber nur für einen Augenblick und bald darauf zerschellte es auf dem Boden und man stellte fest, daß die Wasser- und Benzintanks von Kugeln durchlöchert waren. Die beiden Flieger waren getötet worden. Das englische Flugzeug hingegen war völlig unbeschädigt.
Ich muß Sie davon informieren, dass der Flieger Teichmann und der Flieger Suwelack heute Morgen getötet worden sind bei einem Luftkampf mit einer unserer Maschinen. Ich muss Ihnen auch erklären, dass man sie mit militärischen Ehren beigesetzt hat. Ich werde versuchen, die genaue Lage ihrer Gräber herauszufinden, wahrscheinlich in der Nähe von Steenwerck. Ich werde Sie über diese Angelegenheit in einigen Tagen informieren, wenn ich über dem Flugplatz von Lille diejenigen ihrer persönlichen Dinge abwerfen lasse, die für unsere militärischen Nachforschungen nicht nützlich sind.

H.C.J. Dowding

(Übersetzung eines englischen Briefes, der aus einem Flugzeug abgeworfen wurde.)

 

 

Zeitungsartikel zum Tod der beiden Fieger. Le Matin, Jeudi 16. September 1915; 32 Année Nr. 11524

Un Duel Aérien sur les Lignes Anglaises.

Quartier Géneral Anglais, 13. Septembre. Aprés un emouvant combat aérienn aéroplane allemand d’ un des tout derniers modé1es a été abattu ce matin par un avion anglais; les deux aviateurs qui l’ocoupaint ont été tués. Il était à peu prés sept heures du matin et le temps était radieux quand on vit 1’aéroplane allemand s’apprecher de nos lignes, venant du l’ouest; il ne volait pas trés haut, aussi le voyait-on de détacher trélt distincte anent sur le pleu éc1atant du ciel. De grandes croix noires peintes sur la surface inferieure des ailesindiquaient sa nationalilté. L’arrivéé de l’avion ennimi suscita aussi-tôt un grand remue-ménage dans le camp ou rertentit bientôt le brûit des canons anti-aéronals qui de tous côtée tiraient sur lui. En méme temps un avion anglais prenait de la hauteur à grande allure et se dirgeait. sur l’aéronef ennemi. Bien que ce dernier fût plus rapide que son adversaire, si soudaine fut l’attaque de celui-ci, qui ne put s’enfuir à temps et bientôt descendit jusqu’aux creilles des témoins du combat le taptap des mitrailleuse. Tout d’abord les deux avions décrivaient des cercles l’un autour de l’autre, mois tout à coup on vit l’aéroplane ennemi piquer brusquement de l’avent; il réussit pourtant à se rétablir, mais pour un instant seulement et bientôt aprés il venait s’ecraser sur le sol ou 1’on constata que ses réservoires d’eau et pétrola avaient été percés par les balles. Ses deux oacupants avaient été tués. L’aeroplane anglais par contre était complétement indemme. (Daily Mail).

 

 

Ein Brief aus Amerika

Der amerikanische Historiker A.E. Ferko schickte am 2. Oktober 1990 die Reproduktion eines Fotos, das im November 1915 von der erbeuteten Albatros CI in England aufgenommen wurde. Den umfangreichen Bericht aus dem Royal Air Force Museum in London über das deutsche Flugzeug finden Sie unter „Download“.
A.E. Ferko vermutet in seinem Brief, dass Josef Suwelack und Leutnant Teichmann nicht, wie es der offizielle Bericht der Engländer nahelegt, während des Fluges erschossen wurden, sondern erst am Boden durch Soldaten zu Tode kamen. Diese Vermutung deckt sich mit der Äußerung von Lord Dowding in der Biografie von Robert Wright „Dowding and the Battle of Britain“:

Bei eigentlichen Luftkämpfen in jener Zeit holte die 16. Staffel nur ein feindliches Flugzeug herunter. Es landete sicher hinter den britischen Linien. »Der Pilot und der Beobachter wurden dann von vorbeikommenden Soldaten kaltblütig erschossen«, sagt Dowding über diesen Vorfall, der ihn noch heute zornig macht. »Ich holte ihre persönliche Habe ab, soweit sie nicht vom Intelligence Service – beschlagnahmt wurde, und ließ sie mit einem improvisierten Fallschirm hinter der Front abwerfen, zusammen mit der Mitteilung, wo die zwei Flieger beerdigt wurden.«
Eines der wenigen Erinnerungsstücke, die Dowding aufbewahrt hat, ist der Nachrichtenbeutel, den die Deutschen einen Tag später abwarfen und in dem sie den Erhalt seiner Nachricht bestätigten. Rund 40 Jahre später, lange nach dem zweiten Weltkrieg, erhielt Dowding zu diesem Vorfall einen Brief aus Deutschland. Anscheinend war die Nachricht, die er den Deutschen geschickt hatte, etwas verstümmelt worden. Wie er später erfuhr, war die deutsche Luftwaffe der Meinung gewesen, wenn sie jemanden ihrer Leute, die in Gefangenschaft geraten waren, ungerecht behandelt glaubte, brauche man nur eine Nachricht an Major Dowding abzuwerfen, der sofort für Abhilfe sorgen würde.“